Modul 8
Interventionelle Radiologie
Die interventionelle Radiologie ist ein spannender, sich stetig wandelnder und zukunftsorientierter Bereich der Radiologie. In der interventionellen Radiologie sind wir als Radiologinnen und Radiologen sowohl diagnostisch tätig, therapieren darüber hinaus unsere Patientinnen und Patienten aber auch unmittelbar. Ziel des Moduls M8 „Interventionelle Radiologie“ ist es, die Grundlagen radiologischer Interventionen, die man während der Weiterbildung erlernen sollte, sowie der Betreuung unserer Patientinnen und Patienten vor, während und nach radiologischen Interventionen zu vermitteln.
Grundsätzlich gilt:
- Als interventionelle Radiologinnen und Radiologen und klinisch tätige Ärztinnen und Ärzte sind wir für unsere Patientinnen und Patienten vor, während und nach der Intervention unabhängig von den Zuweiserinnen und Zuweisern voll verantwortlich.
- Leitliniengerechte Kenntnisse über die zu behandelnden Krankheitsbilder und Therapieoptionen sind die Voraussetzung zur korrekten Indikationsstellung. Die Anamnese, die klinische Untersuchung, das Aufklärungsgespräch und die postoperative Visite sollten persönlich durchgeführt werden, da wir dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu unseren Patientinnen und Patienten einen besonderen Wert beimessen.
- Als interventionell tätige Radiologinnen und Radiologen sind wir gute und kompetente klinische Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im interdisziplinären Krankenhausalltag. Kenntnisse über häufig verwendete Medikamente, die vor, während und nach einer Intervention zum Einsatz kommen, sind entsprechend notwendig.
Lernziele
Diagnostische Punktionen, Drainagen, perkutane transhepatische Cholangiodrainagen, transjuguläre intrahepatische portosystemische Shunts, Gastrostomien etc.
Die für interventionell-radiologisch perkutane Punktionsverfahren zugänglichen oder behandelbaren Krankheitsbilder kennen (z.B. Abszesse, Lymphozelen, Pneumothorax, zentralvenöse Medikamentengabe, parenterale Ernährung, Biopsien zur Materialgewinnung, intrahepatische Cholestase, portaler Hypertonus, Nervenkompressionssyndrome der Wirbelsäule).
Leitliniengerechte Indikationen, Kontraindikationen, Stellenwert der Therapieoptionen, Durchführung, mögliche Komplikationen und Erfolgsaussichten von relevanten perkutanen Punktionsverfahren in der Sonografie und CT beschreiben können (z.B. Anlage einer Drainage, eines venösen Katheters, einer perkutanen transhepatischen Cholangiodrainage, einer transkutane Enterostomie, eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts oder der biliären Stentimplantation und perkutanen Schmerzbehandlung).
Gängige Punktionsnadeln perkutaner interventionell-radiologischer Punktionsverfahren kennen.
Gängige perkutane Drainagesysteme (z.B. Pigtaildrainage, Saug-/Saug-Spüldrainage) und deren Einsatzgebiete (z.B. Abszessdrainage, perkutane transhepatische Choledochus-Drainagen) kennen.
Gängige interventionell-radiologisch eingebrachte venöse Katheter und ihre Charakteristika und Anwendungsgebiete kennen.
Unterschiedliche Biopsietechniken (Stanz-/ Aspirations-/ Vakuumbiopsie) und ihre Einsatzgebiete kennen.
Durchführung interventionell-radiologischer Verfahren
Die Einhaltung steriler Bedingungen beim interventionellen Arbeiten sicher beherrschen.
Die Seldinger-Technik für arterielle und venöse Gefäßzugänge mit und ohne Sonografie unter Supervision sicher anwenden können.
Unterschiedliche Hämostasetechniken unter Supervision anwenden können (z.B. manuelle Kompression, Verschlusssysteme).
Aortale, viszerale und periphere Katheterangiografien unter Supervision durchführen können.
Gefäßeröffnende und gefäßverschließende interventionell-radiologische Verfahren unter Supervision durchführen können.
Relevante perkutane CT- oder sonografiegesteuerte interventionell-radiologische Punktionsverfahren unter Supervision durchführen können (z.B. Anlage einer Drainage/ eines zentralvenösen Katheters / Peripherally inserted central catheter / Hickmankatheters / Ports, Biopsien).
Gefäßeröffnende und gefäßrekonstruierende Verfahren, inkl. Lysen, perkutane transluminale Angioplastien, Stents, Endoprothesen und Thrombektomien
Die Pathophysiologie der wichtigsten interventionell-radiologisch zugänglichen Gefäßerkrankungen (periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), arterielle Embolien/Thrombosen, Aneurysmen, Venenkompressionssyndrome, Shuntstenosen/-verschlüsse) und die Klassifikationen der pAVK beschreiben können.
Leitliniengerechte Indikationen, Kontraindikationen, den Stellenwert der Intervention gegenüber anderen Therapieoptionen (konservativ, operativ, hybrid) sowie mögliche Komplikationen und Erfolgsaussichten wichtiger interventionell-radiologischer gefäßeröffnender und gefäßrekonstruierender Verfahren kennen.
Die Charakteristika und Einsatzgebiete der gängigen Drähte und Angiografiekatheter beschreiben können.
Die unterschiedlichen Arten von Punktionskanülen inkl. Mikropunktionssysteme für verschiedene arterielle Zugangswege kennen.
Die Charakteristika beschichteter und nicht beschichteter Ballonkatheter und Stenttypen (ballon-/selbstexpandierbar, medikamentenbeschichtet) sowie deren Indikationen und die Mechanismen einer Stentfreisetzung beschreiben können.
Prinzipien der Gefäßpunktion an den unterschiedlichen arteriellen und venösen Punktionsstellen, mögliche Komplikationen sowie deren Prävention und Therapie beschreiben können.
Unterschiedliche Hämostasetechniken (manuelle Kompression, Verschlusssysteme) sowie deren Indikation und Zulassung kennen.
Das interventionell-radiologische Vorgehen bei aortalen, viszeralen und peripheren Katheterangiografien und Angioplastien (perkutane transluminale Angioplastie, Stentimplantation) beschreiben können.
Unterschiedliche Techniken der Thrombektomie/Thrombolyse kennen und das interventionell-radiologische Vorgehen bei einer Aspirationsthrombektomie/Thrombolyse beschreiben können.
Gängige Thrombolytika aufzählen und ihre Anwendung, inklusive der Halbwertszeit und des Risikoprofils, beschreiben können.
Das interventionell-radiologische Vorgehen zur Versorgung von aortalen und iliakalen Aneurysmen (mittels Stentgraft), bei venösen Rekanalisationen (mittels mechanischer Thrombektomie, Thrombolyse, Stentimplantation, Ballondilatation), zur Implantation eines Cava-Filters und in der Versorgung von Hämodialysezugängen (Venoplastie/ Stenting bei Dialyseshunts) beschreiben können.
Gefäßverschließende Verfahren mit Spiralen, Flüssigembolisaten, Partikeln, Plugs etc.
Die für interventionell-radiologisch (gefäß)verschließende Verfahren zugänglichen Krankheitsbilder wie Notfallblutungen, präoperative Embolisationen zur Senkung des Blutungsrisikos, arteriovenöse Malformationen/ Fisteln, Tumore, Endoleaks, biliovaskuläre Fisteln oder Chylothoraces kennen.
Leitliniengerechte Indikationen, Kontraindikationen, Stellenwert der Therapieoptionen und Erfolgsaussichten der relevantesten interventionell-radiologisch (gefäß)verschließenden Verfahren kennen (z.B. Notfallembolisation bei Blutung, präoperative Embolisation zur Senkung des Blutungsrisikos, Embolisation von arteriovenösen Malformationen/ Fisteln/ Tumoren/ Gallenwegen/ Lymphgefäßen).
Gängige Selektivkatheter und Mikrokatheter für gefäßverschließende Verfahren sowie Embolisationsmaterialien (Flüssigembolisate, Spiralen, Partikel, Gelantineschwamm, Okkluder/ Plugs) und ihre Einsatzgebiete nennen können.
Das prinzipielle Vorgehen, Endpunkte und mögliche Komplikationen einer Embolisation beschreiben können.
Onkologische Verfahren inkl. transarterieller Chemoembolisation oder anderen tumorspezifischen Embolisationen, Ablationen und perkutanen Tumortherapien
Häufige interventionell-radiologisch behandelbare onkologische Krankheitsbilder und den Stellenwert der Intervention gegenüber anderen Therapieoptionen (Operation, Radiatio, Chemotherapie) sowie für die Vertebro-/Kyphoplastie zugänglichen Krankheitsbilder kennen.
Leitliniengerechte Indikationen, Kontraindikationen, Stellenwert der Therapieoptionen, Durchführung, mögliche Komplikationen und Erfolgsaussichten der wichtigsten interventionell-onkologischen Verfahren beschreiben können (z.B. irreversible Elektroporation, Radiofrequenzablation, Kyrotherapie, Mikrowellenablation, (transarterielle) Chemo-/ Radioembolisation, Vertebro-/ Kyphoplastie).
Gängige Chemo- und Radiotherapeutika einer Chemo- und Radioembolisation kennen.
Gängige Embolisatmaterialien bzw. Trägerpartikel (z.B. Lipiodol, Gelantineschwamm, Polyvinylalkohol, sphärische Partikel, Drug eluting beat) interventionell-onkologischer Verfahren kennen.
In Grundzügen die gängigen Materialien und Funktionsweisen der irreversiblen Elektroporation, Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation, Kryotherapie und Vertebro-/Kyphoplastie kennen.
Periinterventionelle Diagnostik und Medikation
Die vor einer Intervention zu verabreichenden oder abzusetzenden Medikamente, z.B. im Hinblick auf Antikoagulation, Kontrastmittelnebenwirkungen und Allergien, kennen.
Über Verständnis der Indikationen, Dosierung, Verabreichung und Nebenwirkungen von interventionell-radiologisch verwendeten Lokalanästhetika, Sedativa und Analgetika verfügen und die Behandlung von Nebenwirkungen erläutern können.
Über Verständnis der Indikationen, Dosierung, Verabreichung und Nebenwirkungen von interventionell-radiologisch häufig verabreichten Medikamenten wie Vasodilatoren, Antihypertensiva, Relaxantien oder Antiemetika verfügen und die Behandlung von Nebenwirkungen erläutern können.
Über Verständnis der Indikationen, Dosierung, Verabreichung und Nebenwirkungen von relevanten Medikamenten nach interventionell-radiologischen Eingriffen wie (Langzeit-)Antikoagulantien, Antiemetika, Analgetika verfügen und die Behandlung von Nebenwirkungen erläutern können.
Sich der Notwendigkeit einer Follow-up Bildgebung nach interventionellen Eingriffen (z.B. Ablatio, Chemo- / Radioembolisation) bewusst sein, Modalität und Sequenz auswählen sowie die zu erwartenden Untersuchungsergebnisse beschreiben können.
Periinterventionelles Management
Die rechtfertigende Indikation für vaskuläre und nicht vaskuläre radiologische Interventionen stellen und in einer interdisziplinären Diskussion besprechen können.
In der präinterventionellen Vorbereitung interventionell-radiologischer Verfahren eine adäquate Anamnese erheben (z.B. Symptome, Schmerzskala, Gehstrecke), eine fokussierte klinische Untersuchung durchführen (z.B. Pulse, ABI-Bestimmung) und weiterführende Untersuchungen (z.B. Laufbandmessung) veranlassen können.
Die präinterventionelle Fallvorbereitung durchführen können und eventuell notwendige weitergehende präinterventionelle Abklärungen durch andere Fachabteilung einleiten können.
Entsprechend des durchzuführenden interventionell-radiologischen Verfahrens die optimale präinterventionelle radiologische Modalität auswählen und bewerten können sowie die Dringlichkeit des Verfahrens einschätzen können.
Den bestmöglichen Zugangsweg für eine radiologische Intervention unter Abschätzung der jeweiligen Komplikationsrisiken identifizieren können.
Die adäquate Patientenbetreuung bei interventionell-radiologischen Eingriffen im Vorfeld abwägen, einschätzen und planen sowie während der Intervention anleiten können (z.B. Untersuchung in Vollnarkose vs. Analgosedierung).
Adäquates Monitoring (z.B. Herz-Kreislauf-Monitoring) während und ggf. nach radiologischen Interventionen unter Kenntnis von Situationen und klinischen Zeichen, die einer sofortigen Aufmerksamkeit benötigen, sicherstellen können.
Notfallmaßnahmen und -behandlung bei lebensbedrohlichen Komplikationen während oder nach interventionell-radiologischen Eingriffen kennen und durchführen können (z.B. anaphylaktischer/ hypovolämischer Schock, hypertensive Krise, Herzstillstand, Atemdepression).
Die korrekte postinterventionelle Überwachung und -lagerung der Patientinnen und Patienten festlegen können.
Therapeutische Maßnahmen zur Linderung postembolischer Schmerzen/des Postembolisationssyndrom nach gefäßverschließenden interventionell-radiologischen Verfahren einleiten können.